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Russische Desinformation untergräbt die westliche Demokratie

Resolution angenommen vom EVP-Kongress am 29. und 30. März 2017 in St. Julian‘s, Malta
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Die EU-Mitgliedstaaten sehen momentan ihre demokratischen Gesellschaften ernsthaft bedroht. Russische Propaganda, Desinformationskampagnen und die anhaltende Unterstützung antieuropäischer politischer Kräfte untergraben das Projekt Europa, die transatlantische Zusammenarbeit und die westlichen Demokratien im allgemeinen; dies gilt mit Blick auf den freiheitlichen Wertekanon, die politische Unabhängigkeit und die Souveränität. Tatsächlich hat die Krise inzwischen ein beunruhigendes Ausmaß erreicht. Die konstanten, akribisch geplanten und durchgeführten Maßnahmen Russlands mit dem Ziel Tatsachen zu verdrehen, die Realität zu manipulieren, Misstrauen im demokratischen Prozess zu erzeugen sowie die Einflussnahme auf westliche Wahlen sind absolut inakzeptabel.

Der Informationskrieg ist ein wesentliches Element der europafeindlichen Politik Putins. Diese Strategie nutzt militärische, kriminelle, geheimdienstliche, geschäftliche, diplomatische, mediale, politische und internetbezogene Hebel, um die Ziele des Kremls durchzusetzen. Auch wenn der EVP daran gelegen ist, gute Beziehungen zu allen Nachbarländern, einschließlich Russland, zu unterhalten, darf die EU nicht zulassen, dass Russland die demokratischen europäischen Gesellschaften angreift sowie Hass und Angst in Europa sät. Die Annexion der Krim, der Hybridkrieg gegen die Ukraine, der Einmarsch in Georgien, die russischen Kampagnen gegen die baltischen Staaten, Weißrussland, Moldau und sogar Polen – all dies stellt Russlands Nachbarstaaten auf eine harte Probe und gefährdet den Frieden und die Stabilität, die Europa seit Jahrzehnten genießt.

Die EU muss unverzüglich eine wirkungsvolle und detaillierte Strategie umsetzen, um dem russischen Informationskrieg einen Riegel vorzuschieben. Wir müssen ein angemessenes institutionelles Rahmenwerk ausarbeiten, die notwendigen Ressourcen bereitstellen und geeignete Botschaften sowie Nachrichtenüberbringer finden. Je eher die EU sich mit der Realität abfindet, dass der Kreml einen unerklärten Krieg gegen die freiheitlichen Grundwerte führt und Frieden sowie Wohlstand in Europa gefährdet, desto eher lässt sich eine geeignete politische Lösung finden.

In Anbetracht der Ernsthaftigkeit dieser Bedrohung und der Dringlichkeit, ihr entgegenzuwirken, positioniert sich die EVP wie folgt:

  • Die EVP bekundet große Sorge angesichts der brisanten Natur der russischen Propaganda, die seit dem Sturz des Sowjetregimes sogar noch komplexer geworden ist.
  • Die EVP betont ihre ganz besondere Beunruhigung hinsichtlich der von Russland ausgehenden Cyber-Bedrohung, die jene vonseiten Chinas bei weitem übersteigt, und vertritt den Standpunkt, dass das Internet von Russland primär als Vehikel missbraucht wird, um Fehlinformationen zu propagieren.
  • Sie betrachtet die Bedrohung der westlichen Demokratien durch den Kreml im Zusammenhang mit US-amerikanischen und europäischen Wahlen als erwiesen.
  • Die EVP unterstreicht die Wichtigkeit einer Einbeziehung der NATO in die strategische Kommunikation mithilfe kohärenterer Botschaften und nachvollziehbarerer Argumente zur Widerlegung der von Russland in die Welt gesetzten Fehlinformationen.
  • Sie steht unverrückbar hinter den Mitgliedstaaten und proeuropäischen Kräften in den Ländern der Östlichen Partnerschaft (ÖP) und des Westbalkans, in den Vereinigten Staaten und überall sonst auf der Welt bei der Bekämpfung der Bestrebungen Putins, die freiheitliche demokratische Ordnung und Werte allgemein sowie insbesondere in Europa zu untergraben.
  • Die EVP fordert die EU-Mitgliedstaaten und die NATO-Staaten auf, sich in aller Einigkeit stolz und bedingungslos für die liberalen demokratischen Werte einzusetzen: für die grundlegenden Menschenrechte und persönlichen Freiheiten, die Rechtsstaatlichkeit, ein unabhängiges Justizsystem sowie eine transparente demokratische Politik.
  • Die EVP begrüßt die jüngsten EU-Initiativen – insbesondere die Gründung des Strategischen Kommunikationsteams Ost des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS) im September 2015 zur Kommunikation und Förderung der EU-Politik in den Ländern der östlichen Partnerschaft, Unterstützung freier, unabhängiger Medien und Bekämpfung von Desinformation, sowie die Resolution des Europäischen Parlaments vom November 2016 zur Bekämpfung der Anti-EU-Propaganda – für eine kurzfristige effektive Antwort der EU auf die Bedrohung durch die breitgefächerte Desinformationskampagne des Kreml.
  • Sie drängt jedoch darauf, dass das Strategische Kommunikationsteam Ost des Europäischen Auswärtigen Dienstes mittels Aufstockung der finanziellen und Personalressourcen umfassend verstärkt wird. Die EVP fordert letztendlich die Einrichtung einer effektiven, zielgerichteten und maßgeschneiderten Strategie zur Kommunikation und Förderung der Politiken und Werte der EU in den östlichen Nachbarländern, um die Öffentlichkeit verstärkt für die Desinformationspolitik externer Akteure zu sensibilisieren.
  • Die EVP fordert eine massivere, koordiniertere europäische Reaktion vonseiten der Mitgliedstaaten und EU-Institutionen, die Schaffung einer Koordinierungseinheit innerhalb der EU-Institutionen zur Erleichterung dieser Reaktion sowie eine Verbesserung der Kapazitätenteilung in der Spionageabwehr.
  • Die EVP fordert in allen Mitgliedstaaten die Einrichtung von Agenturen – wie kürzlich in der Tschechischen Republik geschehen – zur Identifizierung und Bekämpfung von Desinformations- und Propagandaaktivitäten.
  • Die EVP betont die Notwendigkeit, die Desinformationskampagne des Kremls mithilfe wirksamer, faktenbasierter Aufklärung zu entkräften.
  • Die EVP unterstreicht die Wichtigkeit der Identifizierung und Ermittlung von durch den Kreml unterstützten Sprechern, Beamten, NRO, Intellektuellen, Aktivisten und Geschäftsleuten, die sich der Korruption schuldig gemacht haben.
  • Die EVP zollt dem umfassenden und kontinuierlichen Engagement von Expertenkommissionen und Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Aufklärung zu Art und Ausmaß dieser Bedrohung für die liberale Demokratie Anerkennung. Zudem begrüßt die EVP innovative Lösungen des privaten wie auch des öffentlichen Sektors bei der Suche nach Mitteln und Wegen, um sogenannte ‚Fake News‘ und Fehlinformationen aufzudecken und glaubwürdige Quellen besser von unglaubwürdigen unterscheiden zu können.
  • Die EVP appelliert an die EU und ihre Mitgliedstaaten, mehr Transparenz im Hinblick auf NRO, Lobbyisten und politische Parteien zu schaffen, insbesondere hinsichtlich finanzieller Zuwendungen.
  • Die EVP befürwortet die Einrichtung von Medienüberwachungssystemen basierend auf zuverlässigen Methoden, um Medienkontrollorganen zu ermöglichen, Gesetzesverstöße – einschließlich Hassparolen und staatliche Propaganda – aufzudecken sowie um Unternehmen davor zu warnen, Werbung auf Propaganda-Webseiten zu platzieren.
  • Die EVP betont erneut die absolute Notwendigkeit eines professionellen, unabhängigen, ethischen und faktenbasierten Journalismus – insbesondere in russischsprachigen Medien –um Lügen und Fehlinformationen zu widerlegen, sowie die Notwendigkeit, Journalisten in diesem Bereich zu schulen und auszubilden.
  • Sie unterstreicht die Wichtigkeit der Bereitstellung alternativer Informationsquellen zu jenen manipulierten Kanälen wie dem staatlich finanzierten TV-Sender RT (Russia Today). Die EVP unterstreicht zudem die Notwendigkeit der Gründung eines EU- und ÖP-weiten russischsprachigen TV-Senders und befürwortet Zusammenarbeit und Austausch hinsichtlich qualitativ hochwertiger Inhalte unter unabhängigen Medienprofis in den ÖP-Ländern und in Russland.
  • Die EVP unterstreicht die Bedeutung von Aufklärung, Bildung und Online-Medien für Bürger der EU, der ÖP und der Westbalkanstaaten, um die Menschen in die Lage zu versetzen, Medieninhalte kritisch zu hinterfragen und Propaganda zu erkennen.
  • Die EVP fordert die Einrichtung eines jährlichen Forums, auf dem hochrangige Politiker, Vertreter von Expertenkommissionen und sonstige Fachleute zusammentreffen, um Maßnahmen gegen die Kreml-Propaganda zu besprechen.
  • Die EVP fordert einen intensiveren Austausch zwischen EU-Experten und Experten aus den östlichen Nachbarländern sowie den Westbalkanstaaten, die auf Russland und Länder der ehemaligen UDSSR spezialisiert sind. Sie fordert weiterhin die Organisation von Studienaufenthalten für Journalisten und Experten in die ÖP-Länder.


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